Forschung
12.08.2020

Autoritätskonflikte in der Internetverwaltung: Liberale vs. Souveränisten?

Wir analysieren Konflikte um Normen und Institutionen in der Internetverwaltung. In diesem aufstrebenden Bereich ist die Streitbeilegung weniger institutionalisiert und die Konflikte finden auf einer grundlegenden Ebene statt. Die Internet-Governance zeichnet sich durch zwei konkurrierende Sphären der Autorität aus, die durch grundlegend divergierende soziale Ziele gekennzeichnet sind: Eine eher konsolidierte liberale Sphäre betont eine begrenzte Rolle des Staates, private und Multistakeholder-Governance sowie die Redefreiheit. Eine souveränistische Herausforderersphäre betont die staatliche Kontrolle, die zwischenstaatliche Steuerung und den Vorstoß gegen die Vorherrschaft westlicher Institutionen und privater Akteure. Wir zeichnen die Aktivierung und Entwicklung des Konflikts zwischen diesen Sphären im Hinblick auf Normen und Institutionen in vier Fällen nach: dem Weltgipfel über die Informationsgesellschaft (WSIS), der Weltkonferenz über internationale Telekommunikation (WCIT-12), der fünften Sitzung der Gruppe der Regierungsexperten der Vereinten Nationen (UNGGE) und dem Budapester Übereinkommen des Europarats. Wir beobachten intensive Normenkollisionen und strategische Versuche zur Schaffung von Wettbewerbsregimen und zur Verlagerung von Regimen auf zwischenstaatliche Strukturen durch die souveränistische Sphäre. Trotz dieser aggressiven Versuche, neue Institutionen und Normen zu schaffen, ist die bestehende Internet-Governance-Ordnung immer noch in Kraft. Daher führen Autoritätskonflikte in der globalen Internet-Governance nicht unbedingt zu einer Fragmentierung.

Flonk, Danielle, Markus Jachtenfuchs and Anke Obendiek. "Authority conflicts in internet governance: Liberals vs. sovereigntists?Global Constitutionalism, no. 9.2 (2020): 364-386.

Foto: CC Christopher Burn, Quelle: Unsplash