Politik
16.06.2015

Wie geht es weiter mit der WWU? – Empfehlungen

Bei der bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates am 25./26. Juni wird Kommissionspräsident Juncker einen Bericht zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vorlegen. Vorbereitend wurden in einer im Februar 2015 veröffentlichten Analytischen Note elf Fragen zur Verbesserung der wirtschaftspolitischen Governance im Euro-Währungsgebiet aufgeworfen. Unser Beitrag enthält einige Leitgedanken zu diesem Thema. Unser Ansatz basiert auf dem Prinzip, dass wir so viel zusätzliche Integration anstreben sollten, wie für ein reibungsloses Funktionieren der WWU notwendig ist, aber so wenig wie möglich.

1. Compliance: Auflagen, Anreize und moral hazard

Die Umsetzung und die Durchsetzung der WWU-Regeln müssen auf einem angemessenen Gleichgewicht zwischen Sanktionen und Anreizen beruhen. Beides muss gestärkt werden, doch Anreizmechanismen verdienen besondere Beachtung. Darüber hinaus müssen soziale Ungleichheiten bei der Bewertung von Konvergenz und Ungleichgewichten berücksichtigt werden.

2. Strukturreformen und reale Konvergenz

Strukturreformen könnten gefördert werden, indem den Mitgliedstaaten, die gewisse Konvergenzanforderungen erfüllen, die Teilnahme an verbesserten WWU-Instrumenten zur Risikoteilung ermöglicht wird. Die Reformen sollten nicht nur die Verbesserung der preislichen, sondern auch der nichtpreislichen Wettbewerbsfähigkeit zum Ziel haben, beispielsweise durch gezielte finanzielle Unterstützung und technische Beratung.

3. Finanzmärkte: Entkopplung von Staats- und Bankenverschuldung sowie Absorption von Schocks

Die Auswirkungen zukünftiger Krisen könnten durch die Einführung einer Europäischen Einlagensicherung gemildert werden, die die Kapitalflucht aus Ländern unter Druck begrenzen würde. Außerdem sollte der Einheitliche Abwicklungsfonds (SRF) um eine mit staatlichen Mitteln gedeckte Absicherung ergänzt werden, die seine Glaubwürdigkeit stärkt.

4. Fehlende Steuerungsinstrumente

Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) sollte durch einen Europäischen Währungsfonds ersetzt werden, der ein optimiertes Wahlsystem erhalten und Notfall-Liquiditätshilfen unter im Voraus festgelegten Bedingungen bereitstellen würde. Darüber hinaus können sich zur Vorbeugung erneuter Ungleichgewichte vorübergehende Stabilisierungszahlungen als notwendig erweisen, um die Konjunkturzyklen der Mitgliedstaaten im Euroraum aufeinander abzustimmen.

5. Rechenschaftspflicht und Legitimation

Die Rechenschaftspflicht und Legitimation der WWU bedürfen eindeutig der Verbesserung. Auf Regierungsebene gehören dazu regelmäßige Gipfeltreffen des Euroraums, die Ernennung eines ständigen Präsidenten der Eurogruppe und die Ablösung der Troika durch ein „Europäisches Team” unter direkter demokratischer Kontrolle. Auf Parlamentsebene benötigen wir einen Unterausschuss für den Euroraum im Europäischen Parlament und eine stärkere Einbindung der nationalen Parlamentsabgeordneten in die Steuerung der WWU. Die WWU muss weiter ausgebaut werden und der Bericht der Fünf Präsidenten hat das Potenzial, eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung einer Reformagenda zu spielen. Da es mehrere alternative Pfade zur Stärkung der Währungsunion gibt, sollte der Bericht der Fünf Präsidenten die Voraussetzungen für eine systematische Diskussion schaffen. Wir brauchen eine ernsthafte Debatte über die langfristigen Perspektiven der WWU.

Dr. Eulalia Rubio ist Senior Research Fellow am Institut Jacques Delors Paris, davor arbeitete sie an der Pompeu Fabra Universität in Barcelona.

Yves Bertoncini ist Präsident der Europäischen Bewegung Frankreich, davor war er Direktor des Institut Jacques Delors Paris.

Sofia Fernandes ist Senior Research Fellow am Institut Jacques Delors in Paris, zuvor arbeitete sie am Portugiesischen Institut für Qualität des Wirtschaftsministeriums.

Bild: CC Nick Kenrick, source: flickr.com