Forschung
21.07.2020

Auf Wiedersehen werktätiger Mensch, lang lebe der homo oeconomicus

In diesem Artikel untersucht Didem Özkiziltan die Besonderheit von arbeitsbezogener Prekarität in neoliberalen Ordnungen und verfolgt dabei zwei Hauptargumente. Erstens weist die Prekarität im kapitalistischen Vor-Wohlfahrtsstaat und in der gegenwärtigen Ära deutliche Ähnlichkeiten hinsichtlich der politischen Ideen und der Erfahrungen der Arbeitnehmer auf. Zweitens manifestiert die neoliberale Prekarität ihre Besonderheit im menschlichen Faktor und den sie umgebenden sozioökonomischen Umständen. Das heißt, in der vorangegangenen Ära der Prekarität weigerten sich die arbeitenden Menschen, die nach sozialem Schutz und Solidarität strebten, sich als homo oeconomicus umzugestalten, dank eines schützenden sozioökonomischen Umfelds, in dem Gegenbewegungen gegen die sich entfaltenden Realitäten des freien Marktes an Dynamik gewannen. In der neoliberalen Ära erleichterten die Übernahme von Marktwerten in den Alltag, die digitale Automatisierung und die Neuorganisation der Arbeit die Umwandlung des arbeitenden Menschen in einen homo oeconomicus, der ohne Solidarität und sozialen Schutz auskommt. Die neoliberale Prekarität macht es also höchst ungewiss, ob es in absehbarer Zeit möglich sein wird, die Märkte wieder in die Gesellschaft einzubinden.

Didem Özkiziltan (2020), Goodbye labouring man, long live homo economicus: the new precarity in the world of work, Globalizations. 

Foto: CC Tim Foster, Quelle: Unsplash