Forschung
25.02.2021

Förderung des Ordnungs- oder des Umverteilungsstaates? Die Politisierung der staatlichen Kernkompetenzintegration im Deutschen Bundestag

Christian Freudlsperger und Martin Weinrich analysieren die parteipolitische Einbindung der staatlichen Kernkompetenzen in allen Bundestagsdebatten zu EU-Regierungserklärungen seit 1978.

Ihre Analyse zeigt eine zunehmende Politisierung der Kosten der Integration. Im Allgemeinen haben alle etablierten Parteien eine kontinuierliche Präferenz für Regulierung gegenüber dem Aufbau von Kapazitäten zum Ausdruck gebracht. Im Laufe der Zeit nahmen jedoch die parteiübergreifenden Unterschiede zu. Die Parteien entwickelten unterschiedliche, ideologisch begründete Profile in Bezug auf die Integration staatlicher Kernkompetenzen und der kostspielige supranationale Kapazitätsaufbau rief eine besonders deutliche Opposition hervor. Letztendlich beendete die Integration staatlicher Kernkompetenzen den allgemeinen Konsens in EU-Angelegenheiten zwischen den integrationsorientierten Mainstream-Parteien in Deutschland und offenbarte grundlegend unterschiedliche Auffassungen vom EU-Politikum. Mitte-Rechts-Parteien betrachten die EU als eine marktorientierte Gemeinschaft selbständiger Staaten, die sich für die Instrumente des Ordnungsstaates einsetzen. Mitte-Links-Parteien hingegen sehen die EU als eine politische Union, die auch die Solidarität zwischen ihren Mitgliedstaaten organisiert und sich zunehmend für einen europäischen Umverteilungsstaat einsetzt.

Christian Freudlsperger and Martin Weinrich (2021). Promoting the regulatory or the redistributive state? The politicisation of core state power integration in the German Bundestag, 1978-2019. Journal of European Integration. 

Foto: CC Matese Fields, Quelle: Unsplash