Forschung
16.05.2023

Sechste Trendstudie Jugend in Deutschland: Aktuelle Krisen belasten Jüngere stärker als Ältere, doch Generationenkonflikt bleibt aus

Hertie School Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler Prof. Klaus Hurrelmann ist Co-Autor der Erfolgsreihe.

Welche Themen beschäftigen junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren aktuell am meisten? Laut der heute veröffentlichten Trendstudie Jugend in Deutschland sind es vor allem die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die junge Menschen weiterhin deutlich belasten. Laut der Umfrage unter knapp 1.000 Teilnehmenden, berichten 46%, unter Stress zu leiden. Auch Erschöpfung (35%), Selbstzweifel (33%) und Gereiztheit (24%) sind Ausdruck der psychischen Belastung junger Menschen. Das Besondere an der Neuauflage der Studie: Sie vergleicht erstmals die Gefühlswelt junger Menschen mit derer der mittleren und älteren Generation. Im direkten Kontrast berichten unter den 50- bis 69-Jährigen nur 20% der Befragten von Stress. Auch Erschöpfung, Selbstzweifel und Gereiztheit fallen deutlich niedriger aus, als in der jungen Generation (25%, 11% und 14%).

Dauerkrisenmodus hält unter den Jüngeren an

„Junge Menschen fühlen sich wie in einem Dauerkrisenmodus, der weiter anhält und psychische Narben hinterlässt", sagen Studienautoren Prof. Klaus Hurrelmann, Leiter Simon Schnetzer und Mitarbeiter Kilian Hampel. Hurrelmann lehrt und forscht an der Hertie School zu öffentlicher Gesundheit und Bildung. „Die psychischen Unterstützungsangebote in Schulen, Hochschulen und Unternehmen müssen schnellstens ausgebaut werden, damit es bei den besonders belasteten jungen Menschen nicht zu einer Verfestigung von Depressionen, Suchtverhalten und Isolation kommt“.

In puncto Wertvorstellungen reichen sich Boomer und Gen Z die Hand

Die Studie zeigt jedoch auch: Die viel beschworenen, unterschiedlichen Wertevorstellungen zwischen den älteren Babyboomern und der jüngeren Generation Z sind laut den Umfrageergebnissen weniger stark ausgeprägt als öffentlich diskutiert. Beide Generationen sehen Familie, Gesundheit und Freiheit als wichtigste Lebensbereiche. Unter den Tugenden stehen bei beiden Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft in den Top Drei.

Einkommen, Wohlstand und Leistungsbereitschaft

Was junge, mittlere und ältere Generation ebenfalls eint, ist die Sorge um Einkommen und Wohlstand. Unter den jüngeren geben knapp 20% an, von Armut bedroht zu sein. Ein Wert der im Vergleich zur vorherigen Studie gestiegen ist. Später einmal von der Rente leben zu können, glauben lediglich 11% der jungen, beziehungsweise 17% der Babyboomer. Auch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen knapp drei Viertel der Befragten aller Altersgruppen ab – Tendenz steigend mit zunehmendem Alter.

Den Mythos der faulen Jugend konnte die Umfrage entkräften. Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft sind bei allen Generationen stark ausgeprägt. Hier ist es eher die mittlere Generation der 30- bis 49-Jährigen, die die Aussicht auf Geld und Spaß zur Leistung motiviert. Auch interessant: Unter den jungen Erwerbstätigen können sich knapp 40% einen zeitnahen Jobwechsel vorstellen.

Hintergrund zur Trendstudie Jugend in Deutschland

Die Trendstudie Jugend in Deutschland, erscheint in halbjährlicher Folge und basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 29 Jahren zwischen Mitte Februar und Mitte März 2023. Die Studien bauen aufeinander auf, folgen derselben Methodik, sind vergleichbar und ermöglichen Angaben, wie junge Menschen auf aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ereignisse reagieren. Für die sechste Studie wurden erstmals auch die mittlere und ältere Generation befragt; insgesamt 1.012 Personen im Alter von 14 bis 29 Jahren, 1.015 Personen im Alter von 30 bis 49 Jahren und 1.023 Personen im Alter von 50 bis 69 Jahren. Die Studie wird vom Institut für Demoskopie Allensbach und Bilendie Respondi unterstützt. Prof. Klaus Hurrelmann, Simon Schnetzer und Kilian Hampel sind Co-Autoren des Projekts.

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