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27.12.2023

Ein Architekt des vereinten Europas - Gelebtes Engagement

Die Teams der Jacques-Delors-Institute in Paris, Berlin und Brüssel sprechen der Familie von Jacques Delors ihr tiefstes Beileid aus.

Soeben erreichte uns, die Mitarbeiter:innen des Jacques Delors Instituts und seiner Schwesterinstitutionen in Berlin und Brüssel, die traurige Nachricht vom Ableben von Jacques Delors am 27. Dezember 2023, dessen Werk und Erbe für ein geeintes undsolidarisches Europa wir mit Stolz tragen. Wir möchten seiner Tochter und seiner Enkelin sowie seiner ganzen Familie, die ihm so viel bedeutete, unser aufrichtiges Beileid ausdrücken.


Mit ihnen trauert ganz Europa heute um einen seiner größten Architekten. Die Europäische Union verliert ihren „Ehrenbürger“, ein Titel, den Jacques Delors mit Jean Monnet und Helmut Kohl teilte. Letzterem half er bei der deutschen Wiedervereinigung. Binnenmarkt, Euro, Schengen, EU-Erweiterungen und Erasmus, aber auch der Kohäsionsfonds, der soziale Dialog sowie Hilfe gegen die Armut: Die größten Erfolge und schönsten Projekte der europäischen Integration sind eng verknüpft mit Jacques Delors’ Weitsicht, seinem Mut, seinen Überzeugungen, seiner Ausdauer und seiner harten Arbeit, die seine zehn Jahre an der Spitze der Europäischen Kommission geprägt haben. Er bezog sich dabei stets auf den Grundsatz: „Konkurrenz, die stimuliert, Kooperation, die stärkt und Solidarität, die eint.“


Sein politisches Handeln beruhte auf europäischen Überzeugungen im Sinne von Hannah Arendts Worten, die er gerne zitierte: „Verzeihen und Versprechen“ – für Delors die Grundvoraussetzung für gemeinsame Politik auf unserem Kontinent. Bis zum Ende war er stets gut informiert über die Fortschritte des Europäischen Projekts,sorgte sich um Wirrungen, bedauerte Missstände und hoffte unermüdlich auf die heute mehr als je zuvor notwendige Wiederbelebung der europäischen Einigung.


Sein historischer Einfluss auf die europäische Integration stellt Jacques Delors in eine Reihe mit den Gründungsvätern und auch darüber hinaus machte er sich das politische Engagement zur Lebensaufgabe. Als Europaabgeordneter ab 1979 und dann als Wirtschafts- und Finanzminister zu Beginn der ersten Amtszeit von François Mitterrand, war er ein aktiver und leidenschaftlicher Diener des Gemeinwesens. Mit seiner Entscheidung gegen eine Präsidentschaftskandidatur im Jahr 1995 bekräftigte er seine Freiheit von Machtstreben und seine hohen Ansprüche gegenüber der Ausübung von Macht.


In seinen vielfältigen Tätigkeiten in Vereinen, Gewerkschaften und in der Politik war er, der sich selbst bescheiden als Aktivist beschrieb, stets geleitet von und orientiert an einem christlich-humanistischen Weltbild. Jeder Mensch war für ihn einzigartig und Teil eines Netzes aus sozialen Verflechtungen. Sein Ideal war eine engagierte Gesellschaft, in der jeder Mensch seinen Teil zum Gemeinwohl beiträgt. Seine Arbeitsweise war geprägt durch gemeinsames Handeln, Abstimmung und Kollegialität, dem Prinzip eines „sozialen Ingenieurs“ folgend. Er engagierte sich für Bildungspolitik und sein Name ist –insbesondere in Frankreich – eng verbunden mit den Grundsätzen des lebenslangen Lernens.


Wir hatten die Ehre, diesen außergewöhnlichen Menschen zu erleben und mit ihm arbeiten zu dürfen. Mit seinem warmen Herzen und seinem kühlen Kopf hat er uns berührt und inspiriert. Wir möchten nicht nur unsere tiefe Anerkennung bezeugen, sondern auch unseren Willen bekräftigen sein politisches Erbe würdig zu verwalten und sein Engagement für Europa fortzuführen und ihre Arbeit für die Einheit der Europäer fortzusetzen.