Politik
03.03.2025

Über die Grenzen und Ambiguitäten der Einheit

Während und nach der Finanzkrise von 2008 hat die EU nicht geschlossen gehandelt, vor allem nicht bei der Bewältigung dieser Krise, zumindest nicht laut dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in seiner großen Rede zu Europa im April 2024. In den letzten Jahren hingegen habe die Europäische Union finanzielle Einigkeit bewiesen, indem sie sich auf gemeinsame Schulden und Konjunkturprogramme zur Bewältigung der Folgen der Pandemie geeinigt habe, und strategische Einigkeit, indem sie gemeinsam Impfstoffe beschafft und Vereinbarungen über Energie und militärische Unterstützung für die Ukraine im Zuge des russischen Angriffskriegs getroffen habe. Einheit ist nicht nur ein häufiges Schlagwort in feierlichen Reden, sondern auch in zentralen politischen Dokumenten - wie den politischen Leitlinien der neuen Kommission und der strategischen Agenda des Europäischen Rates für den neuen politischen Zyklus - und wird oft in Verbindung mit der Stärke und Handlungsfähigkeit der EU verwendet.

Thu Nguyen beschreibt das vorherrschende Narrativ über die Einheit der EU, das „suggeriert, dass der Block umso stärker gegenüber Gegnern ist, je geeinter er ist, und dass seine Zukunft umso rosiger erscheint“. Doch das Konzept der Einheit bleibt auffallend mehrdeutig, stellt die Autorin fest, obwohl es in der europäischen Rhetorik eine zentrale Rolle spielt. Ihrer Analyse zufolge beruht die Einheit der EU sowohl auf einem Kern von Regeln und Verfahren als auch auf einem Mindestmaß an gemeinsamen Werten. Sie hat also sowohl eine funktionale als auch eine normative Dimension, aber Nguyen argumentiert, dass die Definition der gemeinsamen Werte der Union seit den Europawahlen 2024 schwieriger geworden ist. In einer Welt, die zunehmend von einer globalen Machtdynamik geprägt ist, so der Autor, ist eine der Schlüsselfragen, ob es eine „starke Führung geben wird, die den Block zusammenhält“.

Dieses Essay ist Teil der Sammlung “Key Concepts for the Future of the EU”, herausgegeben von Patricia Wadensjö und Bernd Parusel, publiziert von dem Schwedischen Institut für Europapolitikstudien (SIEPS).

 

Foto: CC Mauro Sbicego, Quelle: Unsplash