Forschung
30.12.2024

Rechenschaftspflicht entpackt: Der Fall der Europäischen Zentralbank

Obwohl der Begriff “legal accountibility” („rechtliche Rechenschaftspflicht“) im wissenschaftlichen Diskurs über die Europäische Zentralbank (EZB) zunehmend auftaucht, wird er zu wenig theoretisiert. In diesem Artikel werden drei verschiedene Dimensionen der rechtlichen Rechenschaftspflicht untersucht, die häufig miteinander verwechselt werden. Die Rechenschaftspflicht gegenüber dem Gesetz (“accountability to law”) bezieht sich auf die Rechenschaftspflicht gegenüber rechtlichen Regeln und Normen. Die Rechenschaftspflicht durch das Recht (“accountability through law”) bezieht sich auf die Erreichung der administrativen und politischen Rechenschaftspflicht durch rechtliche Institutionen. Die Rechenschaftspflicht des Rechts (“accountability of law”) bezieht sich auf die Rechenschaftspflicht der Rechtsinstitutionen selbst gegenüber der breiten Öffentlichkeit (und anderen Gerichten) für ihre Entscheidungen. Wir argumentieren, dass diese Dimensionen insofern eng miteinander verbunden sind, alsdass sich Verbesserungen oder Misserfolge in einer Dimension leicht auf die anderen übertragen lassen. Wir veranschaulichen die Argumentation, indem wir unser Konzept der rechtlichen Rechenschaftspflicht auf die Tätigkeit der EZB anwenden und die gerichtliche Überprüfung im Zusammenhang mit der Geldpolitik mit dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism) vergleichen. Diese Fälle deuten eher auf einen möglichen Teufelskreis als auf einen positiven Kreislauf der rechtlichen Rechenschaftspflicht hin, d.h.       auf eine Tendenz, dass entweder unklare Rechtsnormen oder ein Mangel an Rechenschaftspflicht der Gerichte selbst die Rechenschaftspflicht für die Tätigkeit der EZB insgesamt untergraben.

Dawson, M.; Bobić, A (2024): Unpacking Legal Accountibility: The Case of the European Central Bank. Politics and Governance Vol 13 (2025). DOI: https://doi.org/10.17645/pag.8907

 

Foto: CC Clemens van Lay, Quelle: Unsplash