Sechs Monate nach den Europawahlen und kurz nachdem Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die vorwiegend dem Front National und UKIP angehören, ein Misstrauensvotum gegen Juncker durchsetzen konnten analysieren Yves Bertoncini und Nicole Koenig die Zusammensetzung der Euroskeptiker im Europäischen Parlament und deren Einflusspotenzial auf europäischer und nationaler Ebene.
Die Autoren vertreten die Auffassung, dass „Euroskeptizismus“ eine zu umfassende und vage Kategorie darstellt und regen zu einer trennschärferen Unterscheidung zwischen moderateren Euroskeptikern und radikaleren „Europhobikern“ an. Erstere kritisieren die Union lautstark und sprechen sich für Reformen aus, während letztere die europäische Integration ablehnen und für einen Austritt aus der EU, dem Euro, oder dem Schengen-Raum plädieren.
Die Analyse zeigt, dass die Euroskeptiker mit 125 Sitzen eine recht beachtliche Gruppe im Europäischen Parlament darstellen. Allerdings vertreten sie die unterschiedlichsten politischen Auffassungen, was einen maßgeblichen Einfluss auf europäischer Ebene verhindern sollte.
Die Europhobiker sind mit 82 Sitzen weiterhin eine Minderheit im Europäischen Parlament. Sie sind hauptsächlich der politischen Rechten und extremen Rechten zuzuordnen. Ideologische Differenzen und die Schwierigkeit, dauerhafte politische Bündnisse zu schließen dürften ihr Einflusspotenzial auf europäischer Ebene begrenzen. Dennoch deuten die jüngsten nationalen Erfolge europhobischer Parteien darauf hin, dass sie die Europapolitik in Zukunft zumindest indirekt mitbeeinflussen werden.
Yves Bertoncini ist Präsident der Europäischen Bewegung Frankreich, davor war er Direktor des Institut Jacques Delors Paris.