Politik
17.03.2016

Deutsch-Französischer Aufruf für engere Zusammenarbeit

Europa ist gefordert

Die 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union sind gefordert: in der Flüchtlingskrise, in der Wirtschafts- und Währungskrise mit andauernder hoher Jugendarbeitslosigkeit sowie in den Kriegen und Konfliktherden ihrer Nachbarschaft. Keine dieser Herausforderungen kann ein Mitgliedsland alleine bewältigen, für alle ist gemeinsame Solidarität zwingend notwendig. Darum muss die gegenwärtige Europa lähmende Krise der Solidarität überwunden werden. In dieser schwierigen Situation gibt es grenzenlos gegenseitige Schuldzuweisungen. Aber die Lage ist zu ernst, um sich damit aufzuhalten.

Wir wollen gemeinsam nach vorne schauen. Wir sind überzeugt, dass diese großen Aufgaben vereint betrachtet werden müssen. Teilsolidaritäten wird es nicht geben. Nur im Zusammenhang kann Solidarität gelingen und nur so werden wir Lösungen finden. Dabei ist eine starke deutsch-französische Partnerschaft und Verständigung Grundlage für ein Vorankommen.

Wir müssen bereit sein, für einen Gesamtkompromiss über Schatten zu springen und auch unangenehme Positionen zu ergreifen. Die Tugend des Kompromisses und nicht nationalstaatlicher Egoismus hat die europäische Einigung über Jahrzehnte vorangebracht.

Was bedeutet das konkret?

Erstens, die Euroländer sind vorübergehend bereit, höhere Defizitgrenzen für jene Länder zu akzeptieren, die unter einer hohen Jugendarbeitslosigkeit leiden. Dies wäre aber weiterhin verbunden mit nationalen Reformanstrengungen für funktionierende Märkte und effiziente Verwaltungen, gute Bildung und Ausbildung.

Zweitens, im Verhältnis zu Russland bleibt die Europäische Union bei ihrem bislang einmütig getragenen Kurs. Dies gilt besonders im Hinblick auf die Voraussetzungen für das Aufheben von Sanktionen. Deutschland ist bereit, seine Außenenergiepolitik an den vereinbarten europäischen Zielen zu messen und geopolitisch zu diskutieren. Dazu gehört die Überprüfung von Nordstream II.

Drittens, die Flüchtlingsfrage wird gemeinsam angegangen. Die 28 Mitgliedsländer sichern angemessene Beiträge zur Stabilisierung der Nachbarstaaten Syriens zu, unter anderem durch Finanzierung der UN-Flüchtlingshilfe. Die polizeiliche Kontrolle der EU-Außengrenzen muss europäisch organisiert und finanziert werden. Die Kooperation mit der Türkei ist dabei wichtig, wir dürfen uns davon aber nicht abhängig machen.  In der Zusammenarbeit mit der Türkei müssen europäische Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und europäische Interessen wie das Befördern des syrischen Friedensprozesses berücksichtigt werden.

Viertens, Schengen und eine gemeinsame Asylpolitik gehören ebenso zusammen wie eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Darum gibt es direkte finanzielle Hilfe für das Grenzmanagement, die Registrierung sowie die Verteilung und Unterbringung der Flüchtlinge. Wer sich an der Aufnahme von Flüchtlingen nicht beteiligt, muss in einen Kompensationsmechanismus einzahlen.

Die Krise der EU ist kein Naturereignis. Sie ist politisch verursacht und sie kann und muss politisch überwunden werden. Deshalb erhoffen wir auch kein Wunder der Natur, sondern machen uns gemeinsam an die Arbeit. Es ist Zeit damit zu beginnen!

Bild: CC BY 2.0, Source: JD Hancock