Forschung
24.02.2021

Agenda-Setting unter Druck: Beeinflusst die Innenpolitik die Europäische Kommission?

Die Europäische Union (EU) ist in den letzten Jahrzehnten immer sichtbarer und umstrittener geworden. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die EU-Institutionen, die mit Wahlen verbunden sind, durch den innenpolitischen Druck reaktionsfähiger geworden sind. Dennoch wissen wir noch wenig darüber, wie sich die Politisierung auf die nicht-majoritären Institutionen der Union ausgewirkt hat. Die Autoren gehen dieser Frage nach, indem sie sich auf das Agenda-Setting konzentrieren und fragen, ob und wie die Innenpolitik die Priorisierung von Gesetzesvorschlägen durch die Europäische Kommission beeinflusst. Sie argumentieren, dass die Kommission als politischer Akteur und überlebenswichtige Bürokratie auf innenpolitische Themen und Europaskepsis auf Partei-, Massen- und Wählerebene mit gezielten Maßnahmen und insgesamt mit Zurückhaltung reagieren wird. Die Analyse der Autoren stützt sich auf neue Daten über die Priorisierung von Legislativvorschlägen im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (1999-2019) und zeigt, dass die Entscheidung der Kommission, Prioritäten zu setzen, auf die Bedeutung der politischen Themen für die europäischen Bürger reagiert. Im Gegensatz dazu deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass die Bedeutung von Themen für die Regierungsparteien die Prioritätensetzung der Kommission nicht beeinflusst und Euroskepsis sie nicht einschränkt. Die Ergebnisse der Autoren tragen zur Literatur über Mehrebenenpolitik bei und werfen ein neues Licht auf die strategischen Reaktionen nicht-majoritärer Institutionen auf die innenpolitische Politisierung von "Europa".

Christel Koop, Christine Reh & Edoardo Bressanelli (2021). Agenda‐setting under pressure: Does domestic politics influence the European Commission?. European Journal of Political Research.  

Foto: CC Hamed Daram, Quelle: Unsplash